Von Schweine-Kapitalisten und Kapitalistenschweinen
Wie der Kapitalismus Rassismus produziert und von ihm profitiert.
Stets findet der Kapitalismus einen Weg, die Not der Menschen für seine Profitinteressen nutzbar zu machen. Die hässlichste Fratze dieser Krisengewinnler ist in diesen Tagen mal wieder eine altbekannte: Clemens Tönnies, Eigentümer von Deutschlands größtem Schlachtbetrieb für Schweine, der Tönnies Holding, und mit einem Privatvermögen von 1,6 Milliarden US-Dollar ausgestattet. Das ‚business as usual‘ in einer Industrie, die Tiere wie Objekte und Arbeiter:innen wie Tiere behandelt, beherrscht Tönnies, der das Familienunternehmen seit den 70ern führt, zwar aus dem Effeff. Will der moderne Unternehmer allerdings langfristig auf dem Weltmarkt überleben, muss er innovativ sein und ‚outside the box‘ denken. Das weiß natürlich auch der Schweine-Baron und so ließ er sich scheinbar von der perfiden Vorgehensweise der Zuhälter inspirieren, die, wie vielfach berichtet wurde, die Notlage der geflüchteten Frauen als Anlass nahmen an die ukrainische Grenze zu reisen, um diese dann unter dem Vorwand der Hilfe und Aufnahme in die Prostitution zu drängen.
Der Fleischkonzern schickte Mitarbeiter:innen an die polnisch-ukrainische Grenze mit dem Auftrag, geflüchtete Menschen als billige Produktionshelfer:innen zu miserablen Konditionen anzuwerben. Kinder oder Ältere will man dabei natürlich nicht mitnehmen, schließlich ist die zentrale Bedingung dieser zynischen „Flüchtlingshilfe“ die Verwertbarkeit der Arbeitskraft der geflüchteten Person in der deutschen Billigfleischproduktion des Bratwurst-Paten. Diese Bereicherung am Elend versuchte der Unternehmenssprecher auch noch als gute Tat zu verkaufen: „Wir helfen den Kriegsflüchtlingen vor Ort und bieten ihnen eine Zukunftsperspektive.“Die moralische Empörung über dieses Vorgehen, die einige liberale Medien erfasste, ist selbstverständlich berechtigt, greift aber in zwei, miteinander verschränkten Hinsichten zu kurz. Einerseits wird die kapitalistische Logik, die diese Anwerbeversuche antreibt (Drücken der Lohnkosten mittels billiger ausländischer Arbeitskräfte), ausgeblendet. Andererseits wird der Rassismus verkannt, der der Arbeitsteilung des Kapitalismus selbst entspringt: Es ist das Konzept des deutschen Kapitals, osteuropäische Arbeiter:innen systematisch zur Lohndrückerei in menschenunwürdigen Arbeitsverhältnissen auszubeuten. Rassismus ist eben nicht nur die Summe individueller Ressentiments, sondern eine Grundlage kapitalistischer Produktion.
Folglich ist in Deutschland eine Schattenarmee migrantischer Arbeiter:innen entstanden, ohne deren Arbeitskraft der Wirtschaftsstandort BRD zusammenbrechen würde, da sie erhebliche Teile der Produktion schultert. Diese ist natürlich zum einen in der Fleischindustrie anzutreffen (etwa 80 Prozent der Arbeiter:innen in der Produktion von Tönnies besitzen nach Einschätzung des DGB keine deutsche Staatsangehörigkeit), aber auch in der Pflege, dem Transportwesen, der Landwirtschaft, dem Schiffsbau, der Reinigung und der Bauindustrie. Der Rassismus, aus dem diese Kapitalfraktionen Profit schlagen, definiert sich vor allem über systematische Ungleichbehandlung, Überausbeutung, Rechtsbeugung und Vertuschung. Die aufgrund von Werkverträgen, Saison- und Leiharbeit katastrophalen Arbeits- und Wohnbedingungen dieser Menschen liegen fast vollständig im toten Winkel der bürgerlichen Öffentlichkeit.
Der Rassismus entspringt also auch der Profitlogik des Kapitalismus selbst und ist zudem eine seiner treibenden Kräfte. Folglich kann er nicht mit dem alleinigen Aufzählen von Privilegien oder liberalen Diversity-Kampagnen erfolgreich bekämpft werden. Solange wir Schweine-Kapitalisten und sonstige Kapitalistenschweine nicht entschädigungslos enteignen; solange wir die Produktion für Profit nicht abschaffen und stattdessen nicht für die Bedürfnisse der Menschen produzieren; solange wir die Produktionsmittel nicht den Händen solcher Parasiten wie Tönnies entreißen und sie an Stelle dessen nicht unter die demokratische Kontrolle der Arbeiter:innen stellen, wird sich an den rassistischen Verhältnissen nichts ändern. Rassismus wohnt allen Formen von Ausbeutung inne und Kapitalist:innen bereichern sich über rassistische Hierarchien. Schon Malcom X wusste: „Es gibt keinen Kapitalismus ohne Rassismus.“ Um Rassismus also konsequent zu bekämpfen und eines Tages überwinden zu können, müssen wir das System umwerfen, das ihm den Nährboden bietet; dessen Strukturen ihn produzieren und reproduzieren.
Wir sagen: Packt das Problem an der Wurzel und werft die Verhältnisse um, in denen der Mensch erniedrigt und geknechtet wird!