Am 28. September 2025 fand der internationale Safe Abortion Day statt. Jedes Jahr vereint der Tag Aktivist*innen und Organisationen, um solidarisch für das Recht auf sichere Abtreibung und gegen die Ausbeutung der Schwangeren durch das kapitalistische System zu kämpfen. In Deutschland ist der Schwangerschaftsabbruch seit 1871 im Strafgesetzbuch geregelt und hart verurteilt. Dabei wird das ungeborene Leben über das der schwangeren Person gestellt und die Bedürfnisse der Person nicht beachtet. Am 20. September 2025 fand wieder der „Marsch für das Leben“ in Köln statt: eine Demo, auf der gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche protestiert wird. Diese wird von christlichen Fundamentalist*innen, Antifeminist*innen, Burschenschaften, Politiker*innen von CDU und AFD, Faschist*innen sowie Kirchenstrukturen aus Köln und ganz Deutschland unterstützt. Sie gehören alle zur „Pro-Life-Bewegung“, deren Ziel es ist, körperliche Selbstbestimmung massiv einzuschränken und Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern. Sie propagieren ein misogynes, queer feindliches, heteronormatives und konservatives Weltbild. Bei dieser konservativen Vorstellung vom Schutz des Lebens geht es um eine menschenfeindliche Ideologie und Organisationen wie diese, bezeugen wie sehr diese Ideologien verbreitet sind. Eine Frau, die ihre Schwangerschaft abbricht, begeht auch heute noch eine Straftat in Deutschland. Die Selbstbestimmung einer gebärfähigen Person über ihren eigenen Körper ist also heute noch ein Straftatbestand laut §218 Strafgesetzbuch. Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Entscheidung gegen eine Schwangerschaft und somit der Abbruch straffrei doch der Weg bis dahin wird der abtreibenden Person möglichst schwierig gemacht. Das regelt §218a StGB. Wenn eine schwangere Person sich für einen Abbruch entscheidet, muss sie mehrere Voraussetzungen erfüllen, um nicht straftätig zu werden. Zunächst muss sie eine Schwangerschaftskonfliktberatung aufsuchen und sich einen Beratungsschein ausstellen lassen. Dann muss sie drei Tage abwarten und den Abbruch von ärztlichem Personal durchführen lassen. Dieses Personal darf nicht das gleiche sein, das ihr den Beratungsschein ausgestellt hat. Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens und ist demnach nicht neutral, viele Frauen erzählen davon wie sie erniedrigt und unmündig behandelt wurden, um ihnen den Wunsch nach keinem Kind auszureden. Der Schwangerschaftsabbruch muss in Deutschland bis zur 12. Schwangerschaftswoche geschehen, obwohl ein Embryo erst ab der 20. außerhalb des Körpers der Mutter allein lebensfähig ist. Die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch müssen in der Regel selbst getragen werden. Da diese zwischen 350 und 500 Euro betragen, hängt die Selbstbestimmung der Frau auch von ihrem Geldbeutel ab. Zusätzlich zu den gesetzlichen Einschränkungen ist es schwer für Schwangere Gynäkolog*innen zu finden, die Abbrüche durchführen. Ein Schwangerschaftsabbruch wird heute immer noch nicht im Studium gelehrt. Ärztliches Personal muss sich in seiner Freizeit von erfahrenen Kolleg*innen weiterbilden lassen. Erfahrene Kolleg*innen zu finden ist wiederum ebenfalls schwierig. Das führt dazu, dass viel zu wenig Gynäkolog*innen Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Schwangere müssen weite Wege auf sich nehmen und hoffen, in der begrenzten Zeit bis zur 12. Schwangerschaftswoche einen Termin zu bekommen. Erst seit dem 22. März 2019 dürfen Ärzt*innen auf ihren Webseiten angeben, dass sie Abbrüche durchführen.
Das Thema ist immer noch tabuisiert und viele Betroffene trauen sich nicht, in ihrem Umfeld offen über ihren Abbruch zu reden, oder erleben schlechte Reaktionen darauf, was eine unfassbare Last darstellt und zu weitführenden mentalen, aber sozialen Problemen führen kann. . Dazu kommt, dass Schwangerschaftsabbrüche heutzutage immer noch kriminalisiert werden. Obwohl 83% der Bevölkerung die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen befürwortet, wurde weder das Gesetz ausreichend angepasst noch das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen abgeschafft.
Wenn es darum gehen würde, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um Abbrüche zu verhindern, müssten Sterilisationen möglich gemacht werden und Verhütung kostenlos sein. Die Selbstbestimmung der Frau wird aber bewusst weiter eingeschränkt. Denn auch hier ist es für junge kinderlose Frauen sehr schwer, eine*n Ärzt*in zu finden, der die sie sterilisiert. Oft werden Stereotype vorgeschoben: Den Betroffenen wird gesagt, dass sie als Frau bestimmt später doch Kinder haben wollen – oder der Wunsch eines potentiellen männlichen Partners nach Kindern wird über die Selbstbestimmung der Frau gestellt. Mittlerweile hat sich deswegen der Verein „Selbstbestimmt Steril“ gegründet, der alle Anlaufstellen für eine Sterilisation auf ihrer Website sammelt und öffentlich verfügbar macht. Es ist schade, dass es Vereine braucht um Gerechtigkeit aufzubauen, da viele Ärzt*innen diese Selbstbestimmung ablehnen. Kritisch ist auch, dass Verhütungsmittel ab 22 Jahren selbst finanziert, werden müssen. Dadurch sind insbesondere finanziell schlechter gestellte Personen benachteiligt und von ungewollten Schwangerschaften bedroht.
Ein Schwangerschaftsabbruch sollte keine Straftat darstellen, außer er wird gegen den Willen der Schwangeren durchgeführt. Verhütung muss kostenlos sein. Sterilisationen und Schwangerschaftsabbrüche sollte jedes Krankenhaus anbieten und Abbrüche müssen in der Facharztausbildung zurm Gynäkolog*in gelehrt werden.
International gibt es andere Gesetze und Umstände. Seit Donald Trumps neuer Amtszeit ist der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in den USA erneut sehr eingeschränkt. Finanzielle Hilfen für Organisationen im Ausland, die Abtreibungen anbieten oder unterstützen, wurden von Trumps Regierung blockiert. Mittlerweile sind in den USA in 13 Bundesstaaten Schwangerschaftsabbrüche verboten.
Frankreich war das erste Land der Welt, das 2024 Abtreibung als Bürgerrecht in der nationalen Verfassung verankerte. Die Mehrheit der französischen Bevölkerung war für eine völlige Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, doch es gab auch hier Proteste von Abtreibungsgegner*innen. Schwangere können mittlerweile in Frankreich bis zur 14. Woche abtreiben und die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen. Die Schweiz hat im August 2025 beschlossen, dass Schwangerschaftsabbrüche dort ab 2027 kostenlos sein werden. Mit dieser staatlichen Kostenübernahme steht das Land im Kontrast zum weltweiten Trend. Das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch wird in immer mehr Ländern eingeschränkt und steht unter massivem Druck, insbesondere in Ungarn, Polen oder den USA. Entscheidend für diese Differenz ist dabei allerdings kein moralischer Kompass der jeweiligen Regierungen. Jede Freiheit ist das Ergebnis sozialer Kämpfe. Wir gehen nun nochmal auf die Versorgung in Deutschland, anhand des Beispiels unserer direkten Umgebung, ein. Im Gebiet RheinMain rund um Mainz sieht es vergleichsweise gut aus, obwohl auch hier nur wenige Praxen Schwangerschaftsabbrüche durchführen. In Mainz bietet Profamilia eine Anlaufstelle für die ärztliche Durchführung. Gegenüber auf der anderen Rheinseite in Wiesbaden gibt es zwei Praxen und in Darmstadt eine weitere. Die nächsten Praxen dahinter liegen in Frankfurt am Main (immerhin vier) und Offenbach (zwei Praxen). Innerhalb der großen Städte im RheinMain-Gebiet ist die Versorgung demnach geleistet, wenn auch knapp bemessen. Die ländlichen Gebiete hingegen haben nicht ansatzweise ausreichend Praxen, die Abbrüche durchführen. Das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit führt unter familienplanung.de eine nach Postleitzahlen sortierte Liste über Ärztinnen, Krankenhäuser und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Dort wird schnell ersichtlich, wie wenig Anlaufstellen deutschlandweit existieren.
Einige Personengruppen stellen sich gegen eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Wir wollen hier auf zwei genauer eingehen: Sowohl die Kirche als auch die Union berufen sich auf ihre christlichen Werte, wenn sie gegen Abtreibungen protestieren. Das ungeborene Leben solle geschützt werden. Der Mensch gilt im Christentum als Ebenbild Gottes. Es wird argumentiert, dass das Embryo, obwohl es außerhalb des Körpers der Schwangeren noch nicht allein lebensfähig wäre, schon ein eigener Mensch sei und deswegen geschützt werden müsse. Dabei wird das Leben und die Selbstbestimmung der schwangeren Frau als belanglos eingestuft. Das ist und bleibt Sexismus und muss als dieser benannt werden!
Der Fötus, bzw. das Embryo wird als eigener Mensch betrachtet, weswegen ihm Rechte zugesprochen werden. Aber über das ungeborene Leben zu sprechen, ohne zu bedenken, dass es im Körper einer Person heranwächst, stellt die Menschenwürde eines nicht allein lebensfähigen Wesens über die Menschenwürde und Selbstbestimmung einer Frau. Das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen führt dazu, dass Schwangere unsicher und gefährlich abtreiben – ohne ärztliche Hilfe. Wir sehen es demnach als Widerspruch, sich als „Pro-Life“ und christlich zu bezeichnen, aber nicht im Sinne der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit, Schwangeren die Möglichkeit zu geben, ihr Leben als Ebenbild Gottes nicht gefährden zu müssen und legal bei Ärzt*innen abtreiben zu können. Durch das Verbot sicherer Abtreibungen wird nämlich nicht selten das Leben der Schwangeren gefährdet. Christliche Werte sprechen also nicht gegen Abtreibung, sondern werden passend ausgelegt, um die sexistischen und ausbeutenden Forderungen zu stützen .
Die Union zeigt häufig wie unwichtig der Partei die Selbstbestimmung der Frau ist. Dabei berufen sie sich auf christliche Werte, tatsächlich geht es aber darum das Patriarchat und damit den Status quo zu erhalten. Ihre Politik mag repressiver sein, die Zielsetzung teilen sie sich mit anderen Parteien: Stabilität für den Staat, statt Freiheit für die Menschen.
Laut §218a StGB sind Abbrüche eine Straftat und können mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft werden. Nach jahrzehntelangen Debatten um das Ende von §218a StGB und das Ende der Ampelkoalition sind Schwangerschaftsabbrüche immer noch nicht straffrei. Die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen bis zur zwölften Woche würde eine Entkriminalisierung bedeuten. Mit der neuen Regierung ist die Chance auf eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht in Sicht. Das Hauptargument der Union sei der „Schutz für das Ungeborene“.
Im Kapitalismus dürfen Frauen nicht über ihren eigenen Körper bestimmen. Schwangerschaftsabbrüche werden gesetzlich kriminalisiert und gesellschaftlich tabuisiert. Sterilisationen werden jungen kinderlosen Frauen grundlos verwehrt und Verhütungsmittel müssen selber bezahlt werden. Dies sind alles Einschränkungen in der Selbstbestimmung der Frau. Im Vordergrund steht die Frau als Reproduktionsmaschine. Sie soll Kinder gebären, die durch ihre zukünftige Arbeitskraft die deutsche Wirtschaft ankurbeln.
Neben zusätzlicher Arbeit in der Produktion, wo Frauen durchschnittlich weniger verdienen, sollen sie außerdem Reproduktionsarbeit und Care-Arbeit kostenlos erledigen. Frauen werden hier nur auf ihre Arbeitskraft reduziert, um neue Dienstleister für die wenigen Reichen herzustellen. Dabei leiden sie unter einer doppelten Ausbeutung sowohl als preiswertere Arbeitskraft auf dem Markt, als auch als nichtbezahlte Reproduktionsmaschine für den wirtschaftlichen Profit. Dies ist kein Zufall sondern der Grundbaustein des kapitalistischen Systems.
Darüber hinaus werden in der aktuellen Zeit der Militarisierung (z.B. durch die geplante Einführung der Wehrpflicht) junge Menschen als Kanonenfutter gebraucht. Sie sollen für die Kriege sterben, die der deutschen Wirtschaft und den wenigen Wohlhabenden nützen.
Kapitalist*innen werden immer gegen Selbstbestimmungsrechte der Frau sein, da sie nicht in ihr Bild von Gewinnmaximierung passen. Deshalb brauchen wir mehr als eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und kostenloser Verhütung. Die Befreiung der Frau wird nicht möglich sein, ohne eine Befreiung der gesamten Arbeiterinnenklasse und den Umsturz des unterdrückerischen Systems.
Literaturverzeichnis
Neues Trump-Dekret erschwert Schwangerschaftsabbrüche | tagesschau.de
USA: Mehr Abtreibungen trotz Verbote – Unterschiede bei Bundesstaaten
Schwangerschaftsabbrüche in den USA: Hirntote Schwangere wird wegen strenger US-Gesetze künstlich beatmet | DIE ZEIT
Frankreich verankert Recht auf Abtreibung in Verfassung | tagesschau.de
Abtreibungsparagraf 218 bleibt – die Debatte geht weiter | tagesschau.de
Selbstbestimmt Steril – Erfahrungsberichte
Baier, Alicia (2019): Schwangerschaftsabbruch: das Tabu in der medizinischen Ausbildung, in Profamila Magazin 02/2019