
Der Muttertag– mit Blumen, Pralinen und der vermarktbaren Danksagung an „die Mütter“ – hat nichts mit echter gesellschaftlicher Anerkennung von Care-Arbeit zu tun. Vielmehr dient er der symbolischen Besänftigung eines Systems, das tagtäglich von der unbezahlten, unsichtbar gemachten und als selbstverständlich wahrgenommenen Reproduktionsarbeit von Frauen profitiert.
Der Muttertag hat seine Ursprünge Endes des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts und erlangte durch Anna Jarvis weitere Bekanntheit. Dieser Tag sollte nicht nur die Würdigung der tagtäglichen Aufopferung aller Mütter beinhalten, sondern vielmehr die soziale und politische Rolle von Müttern in der Gesellschaft beleuchten. Dabei sprach sich A. Jarvis bereits explizit gegen die Kommerzialisierung des Tages aus. Jedoch wurde der Muttertag bereits in den 1920ern von der Blumenindustrie propagiert. Später im Nationalsozialismus wurde der Tag staatlich vereinnahmt und zur ideologischen Aufwertung der „arischen Mutter“ instrumentalisiert. Mütter wurden geehrt – nicht für ihre Arbeit oder Persönlichkeit, sondern für ihre Rolle als Gebärerin und für den Fortbestand der Deutschen. Dabei ging es nicht um Wertschätzung von Fürsorge, sondern um die Kontrolle des weiblichen Körpers.
Bis heute leisten vor allem Frauen und insbesondere Mütter unbezahlte Sorgearbeit, wie die Betreuung von Kindern, die Pflege von Angehörigen, Putzen, Kochen sowie das Leisten von emotionaler Sorgearbeit. Diese Tätigkeiten sind essenziell für das Funktionieren des Alltags und der Gesellschaft, werden aber weder als vollwertige Arbeit anerkannt und nicht als Teil gesellschaftlicher Produktion verstanden oder vergütet. Somit ist Reproduktionsarbeit zwar ein zentraler, aber systematisch unsichtbar gemachter Bestandteil der kapitalistischen Wertschöpfung. Dabei handelt es sich jedoch nicht um persönliche Einzelschicksale, sondern dem liegen politischen Entscheidungen zugrunde. Indem die Fürsorge privatisiert und auf Einzelpersonen abgewälzt wird, profitieren vor allem Unternehmen und der Staat.
Zusätzlich sind Mütter aufgrund der ungleich verteilten Sorgearbeit häufiger in atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie z.B. Teilzeit angestellt. Gleichzeitig führt die Doppelbelastung durch Lohnarbeit in Kombination mit der unbezahlten Care-Arbeit dazu, dass viele Mütter überlastet sind, da sie nie einen wirklichen Feierabend haben. Als Folge von atypischen und prekären Beschäftigungsverhältnissen und der unbezahlten Care Arbeit sind sie häufig von ihrem Partner finanziell abhängig. Diese finanzielle Abhängigkeit kann dazu führen, dass zum Beispiel gewalttätige Partner nicht verlassen werden (können).
Der Muttertag, wie er heute zelebriert wird, maskiert diese strukturelle Ausbeutung mit einem emotionalen Schleier der Dankbarkeit. Statt echter (finanzieller) Anerkennung für Sorgearbeit gibt es einmal im Jahr Blumen, Schokolade, rosa Grußkarten und Dankesworte – während im restlichen Jahr Mütter allein gelassen werden mit fehlenden Kitaplätzen, Niedriglöhnen, mentaler Belastung und Altersarmut. Mutterschaft wird romantisiert, aber nicht politisiert.
Wir kämpfen für eine Gesellschaft ohne systematische Unterdrückung der Frau und damit auch von Müttern – eine Gesellschaft ohne Patriarchat! Der Muttertag darf dem Kapitalismus nicht weiter als konsumförderndes Instrument dienen und dabei strukturelle Ausbeutung romantisieren. Lasst uns den Muttertag als Anlass dazu nehmen, das bestehende System zu hinterfragen und Sorgearbeit neu zu bewerten.
Sorgearbeit muss gesellschaftlich und finanziell als Arbeit anerkannt werden. Kindererziehung, Pflege und Haushalt dürfen nicht länger Privatsache sein – wir brauchen kostenlose, solidarisch organisierte Strukturen. Die Idee der „aufopfernden Mutter“ ist kein Ideal, sondern ein Kontrollinstrument über Frauen. Sorge muss gerecht verteilt und Elternschaft vielfältig gedacht werden – auch über heteronormativen, binären Vorstellungen hinaus. Zugleich sollte jede Person selbst entscheiden können, ob sie Kinder bekommen möchte. Dazu braucht es einen gerechteren Zugang zu Verhütung, Abtreibung und reproduktiver Gesundheitsversorgung.
Feministisch kämpfen! Heute und jeden Tag!
